Unterschiedliche Ansichten
Paris war entschlossen, sein besetztes Gebiet zurückzuerobern. Um dies zu erreichen, waren wiederholte Angriffe auf die deutschen Flanken in Artois und Champagne notwendig, um die Deutschen aus ihrem tiefen Brückenkopf in Frankreich zu vertreiben.
Die britische Strategie diente wiederum den Interessen Londons. Die Kontrolle über den Ärmelkanal und die Nordsee war notwendig, um die Versorgungslinien Großbritanniens zu schützen und es vor einer Invasion zu bewahren. Daher konzentrierten sich die Briten auf Flandern und seine Häfen. Seit Kriegsbeginn strebte das britische Oberkommando eine Bodenoffensive in Flandern und eine Seelandung bei Zeebrügge an.
Es war, als wären Frankreich und Großbritannien gegen ihren Willen Verbündete geworden. Neben jahrhundertealten Ressentiments und kulturellen und sprachlichen Unterschieden fehlte vor allem eine übergeordnete Autorität. Trotz eines gemeinsamen Ziels gab es keine einheitliche Befehlsgewalt. Ihre Zusammenarbeit erwies sich daher als problematisch.
© National Library of ScotlandZu einem einheitlichen Kommando?
Seit 1914 hatte das französische Oberkommando versucht, die Oberhand zu gewinnen, während die Briten an ihrer separaten Identität festhielten. Anfang 1917 erreichten die Spannungen ihren Höhepunkt. Der französische Oberbefehlshaber Robert Nivelle war entschlossen, die britischen Befehlshaber ihm unterzuordnen. Der britische Feldmarschall Douglas Haig willigte widerstrebend ein, sicherte sich jedoch Bewegungsfreiheit für den Fall, dass Nivelles bevorstehende Offensive in der Champagne scheitern sollte. Was sie auch tat, und zwar auf monumentale Weise.
© BDIC_VAL_208_160"Nie zuvor war unsere Armee besser ausgebildet, tapferer und verfügte über mächtigere Mittel. Unter diesen glänzenden Vorzeichen beginnt das Jahr 1917. Sie werden es zu einem Jahr des Sieges machen."
"Une année de victoire"
Die französischen Verluste waren astronomisch, der Fortschritt gleich null. Es kam zu Meutereien. Der stolze Nivelle musste seine Würde wie einen alten Mantel ablegen und wurde nach Hause geschickt. Die französische Armee war zu einem Riesen mit tönernen Füßen geworden. Philippe Pétain, ihr neuer Befehlshaber, war gezwungen, die Offensivstrategie Frankreichs aufzugeben. Frankreich hatte keine andere Wahl, als in die Defensive zu gehen und auf die Ankunft der Amerikaner zu warten.
Haig lachte sich unterdessen ins Fäustchen. Seine Stunde war gekommen. Der schnauzbärtige Schotte konnte schon die salzige Luft der flämischen Seehäfen riechen.
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